SIE BRENNEN FÜR DAS MUSIZIEREN IM GROßEN ORCHESTER

Glänzende Augen, klopfende Herzen, konzentrierter Blick, am Ende Erleichterung und Gefühl, das mit Stolz nur annähernd zu beschreiben ist. So erlebten Eltern, Pädagogen und Vertreter aus Kultur und Politik die Mitglieder im Bayerischen Realschulorchester zum Abschlusskonzert ihrer Arbeitsphase Mitte Januar in der Jugendherberge in Nürnberg.

Es war bereits das zweite Mal, dass begabte Schülerinnen und Schüler aus Streicherklassen an Realschulen in Bayern hier die Gelegenheit erhielten, in einem Verbund mit Gleichgesinnten Orchestererfahrung zu sammeln, aber auch das Spiel in kammermusikalischer Besetzung zu erkunden. Auf diese Praxisfelder kommt es an.

„Noch ist es eine Ausnahme, dass an der Realschule ein Zugang zu einem Streichinstrument möglich ist, ganz zu schweigen von einer Gelegenheit, in einem Orchester zu spielen“, erklärt Evelyn Beißel, Fachberaterin für Musik an bayerischen Realschulen, die Initiative. 2017 unternahm sie mit Unterstützung des Bayerischen Kultusministeriums einen ersten Versuch. Beißel: „Es ist unglaublich, in welchem Maß sich diese Schülerinnen und Schüler fordern lassen, wenn sie fünf Tage hier auf der Burg sind, um gemeinsam zu musizieren. Obwohl es kaum Pausen gibt, wollen sie immer noch länger musizieren. Das steckt uns Pädagogen natürlich an.“

Evelyn Beißel hat ihre Mitstreiter sorgsam ausgewählt. Höchste Qualität lautete ihr entscheidendes Auswahlkriterium, außerdem sollten die Pädagogen einen Draht zu Jugendlichen haben. So fand sie die Coaches für das Streichorchester, Jessica Hartlieb und Justin Texon, beide Violinen, Sebastian Rocholl, Viola, Ralph Krause für die Celli und Joachim Sevenitz im Kontrabass, alle Berufsmusiker am Staatstheater Nürnberg. 

Guido Johannes Rumstadt, viele Jahre als Kapellmeister an großen Opernhäusern engagiert und seit 2009 Professor für Orchester und Dirigieren an der Hochschule für Musik Nürnberg, nahm von Anfang an begeistert den Dirigierstock zur Hand, um diese jungen Musikerinnen und Musiker vom Pult aus zu leiten. „Es ist ein völlig anderes arbeiten“, beschreibt er seine Erfahrungen mit dem Realschulstreichorchester. „In der Anfangsphase geht es vor allem darum, überhaupt durchzukommen, doch nach und nach und das vor allem in den Proben spürt man, wie die Jugendlichen sich vom metronomischen Durchzählen lösen und sich immer mehr auf das aufeinander Hören und miteinander Musizieren einlassen.“ 

Zu den Bedingungen zur Teilnahme zählt die Vorbereitung. Wer im bayerischen Realschulstreichorchester mitmachen will, erledigt zuvor Hausaufgaben. Zwischen einem ersten Kennenlernen und der eigentlichen Probenphase studieren sie Zuhause mit ihren Lehrern das Repertoire ein. In der Arbeitsphase geht es nur noch um den Feinschliff. „Das funktioniert fantastisch!“, bestätigt Silvia Melzner mit strahlendem Blick. Die Schülerinnen und Schüler sind hoch motiviert, weil sie hier mitwirken dürfen. So erklärt die Studienrätin an der Musischen Realschule Naila und Organisatorin vor Ort auch die tolle Disziplin. Gemeinsam mit Gunter Brennich vom Camerloher Gymnasium Freising sorgen wir hier vor Ort, dass alles läuft.“ Beide engagieren sich in der Landesarbeitsgemeinschaft Schulorchester, beide sind ausgebildete Streicherpädagogen und packen auch an, wenn die Saiten zu stimmen sind oder die Jugendlichen ein technisches Problem haben.

Im Abschlusskonzert am 19. Januar 2019 im Eppleinsaal in der Burg Nürnberg konnten sich Eltern, Freunde und Gäste aus dem Kultusministerium überzeugen, dass hier beste Arbeit geleistet wurde. Die Programmauswahl erhielt Werke quer durch die Jahrhunderte von Mozart bis zur Filmmusik, dazwischen Duette, Trios und Quartette, jeder Auftritt für sich ein großer Moment. „Wenn ich an meine eigenen Versuche auf dem Streichinstrument denke, so habe ich größte Achtung vor diesen jungen Leuten, die in so kurzer Zeit so viel vollbringen“, lobte Ministerialdirektor Herbert Püls vom Kultusministerium die Darbietungen. Das kam an. Mit glühenden Wangen und strahlenden Gesichtern nahmen die Mitglieder im Bayerischen Realschulstreichorchester ihre Teilnahmebestätigung entgegen. Die Verabschiedung anschließend, während die Eltern das Gepäck herausschleppten, war überaus herzlich, die Botschaft ganz klar: nächstes Jahr wieder!

Christiane Franke

Überzeugt und engagiert dabei: Die Förderer einer guten Idee. 2. Reihe (v.li.): Prof. Guido J. Rumstadt; RSD Marcus Langguth (stell. Landesvorsitzender vbr), Birgit Huber, Leiterin Referat Kulturelle Bildung, StMUK 1. Reihe (v.li.): MB Michael Schmidt; Ministerialdirektor Herbert Püls, Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Prof. Dr. Jürgen Oberschmidt, Präsident Bundesverband Musikunterricht (BMU) e. V.; MB Johannes Koller; RSKin Evelyn Beißel; Ingrid Ritt, Vorsitzende Bundesinitiative Differenziertes Schulwesen.

zurück