Vernetzt für Breite in Qualität

„Musikschule vernetzt“ lautete der Themenschwerpunkt zum 41. Bayerischen Musikschultag 2018. Der Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e.V. (VBSM) wählte Hof als Veranstaltungsort. Das Jubiläum 40 Jahre Musikschule der Hofer Symphoniker zog an, noch mehr die Netzwerkarbeit, von welcher nicht nur die 48.000 Einwohner zählende Stadt profitiert.

„In die Musikschule hinein kommen alle Generationen, vom Kleinkind bis zum Senior. Unsere Lehrer an der Musikschule gehen hinaus, in die Kita, in Grundschulen, Realschulen und Gymnasien, in Seniorenheime und an andere Orte, wo Musik den Ton angibt“, erklärte Intendantin Ingrid Schrader das Hofer Modell.  

Zum Auftaktkonzert der 41. Bayerischen Musikschultage am Vorabend zum 19. Oktober 2018 in der Freiheitshalle in Hof gelang eine Demonstration dieses Modells in beeindruckender Weise.

Selbstverständlich mit Qualität
Im Finale standen über 450 Sängerinnen, Sänger und Musizierende im Alter von 5 bis 81 Jahren auf der Bühne, um gemeinsam „we are the world“ anzustimmen. Gemeinschafts-Fähigkeit im Netzwerk bewiesen sie, als sich am Abend danach Musikschüler aus ganz Bayern hinzugesellten, um ebenso leistungsstark und konzentriert die Qualität der Musikschulen in Bayern zu belegen und Hof am Samstag in einem öffentlichen Musizieren an vielen Plätzen im Stadtzentrum in einen einzigen Klangkörper verwandelten. So kann Netzwerkarbeit in der Breite und niveauvoll gelingen. Davon überzeugten auch die Ensembles im Auftaktkonzert, das Akkordeonorchester Hof, das Zupforchester, die Big Band, die Suzuki-Gruppen Violine und Violoncello, das Symphonische Blasorchester Hof und das Jugendsymphonieorchester Hof. Musikalisch auf ihre Auftritte bestens vorbereitet strahlten sie in ihrem Aufritt auf der Bühne ein Selbstverständnis aus, das eher selten zu erleben ist.

Zur musikalischen Umrahmung der Verleihung der Carl-Orff-Medaille zeigten ausgewählte Jugendliche als Duo oder in Quartettbesetzung, zu welcher Leistung sie sich in diesem Umfeld anfeuern lassen. Selten war ein Festakt so kurzweilig, ja wollte man gerne mehr hören, so die einhellige Meinung der geladenen Gäste. 

Für den Ausbau in ganz Bayern
Unter diesem Eindruck überzeugte die Forderung von Landrat Martin Bayerstorfer, dem Präsidenten des VBSM, die staatliche Förderung der Musikschulen in Bayern deutlich auszubauen. Mit aktuell 11,8 Prozent sei man auf einem guten Weg, jedoch noch lange nicht am Ziel. Die musikalische Förderung der Kinder verlange Qualität und Nachhaltigkeit und sollte auch für die Eltern mit ihrem Anteil leistbar bleiben.

In diesem Punkt fand Martin Bayerstorfer Unterstützung durch Dr. Thomas Goppel, Staatsminister a.D. und Präsident des Bayerischen Musikrates (BMR). Er lobte das Hofer Modell als Lehrstück für die bayerische Politik und bekräftigte, sich für den Ausbau der Musikschullandschaft in ganz Bayern weiterhin einzusetzen.

Netzwerk unter der Lupe
Festredner Prof. Reinhart von Gutzeit, Altrektor der Bruckneruniversität Linz und der Universität Mozarteum Salzburg sowie viele Jahrzehnte an der Spitze des Verbands Deutscher Musikschulen engagiert, bekräftigte, dass eine breite und ambitionierte Musikausbildung mit Blick auf die Entwicklung der Gesellschaft und deren Bildungsstand unverzichtbar sei. 

Kritisch hinterfragte er die Netzwerke im Musikschulbereich nach innen wie nach außen sowie die Qualität der Partner. Zwischen dem Partner Hochschule zur Musikschule gäbe es noch viel Luft nach oben. Die Ausbildung der Musikschullehrer sei nicht auf den Musikschulalltag zugeschnitten und damit unzureichend, die Perspektive für die Musikschulen mit Blick auf die Hochschulen, nur als Zulieferer von Hochbegabten sein zu müssen, fragwürdig und mit der Aussicht auf Vereinsamung der Hochbegabten im „Pre-Colleges“ vorsichtig ausgedrückt kontraproduktiv. Dass dies auch anders gelänge beweise die Jugendakademie Münster.
 
Stichwort: Ausbildung
Größten Handlungsbedarf sehe von Gutzeit in der Musiklehrerausbildung. Ideal wäre es, wenn man im Rahmen der Strukturierung eines Studiengangs mit dem Ziel der Lehrtätigkeit an Musikschulen „musikalische Bildung gemeinsam denken“ würde und dabei große Aufmerksamkeit dem Unterrichten in größeren Gruppen bis hin zum Klassenmusizieren widmen würde. In diesem Zusammenhang verwies er auf ein Forschungsprojekt des Landesverbands der Musikschulen NRW in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik in Köln. 
 
Vom Wert der Laien
Völlig verkannt und von erheblicher Arroganz belastet sei die Dorfkultur, künstlerisch wie gesellschaftlich betrachtet. Häufig käme der Nachwuchs aus dem Laienbereich wie beispielsweise der Blasmusik, erklärte von Gutzeit. Nach Ausbildungsstationen in der Musikschule und an der Universität kämen viele wieder zurück. Laienmusik benötige demnach beste Ausbildung, so sein Plädoyer, das Interesse des Schülers müsse unbedingt im Vordergrund stehen und nicht die Eitelkeiten des einzelnen Kooperationspartners. Süffisant bemerkte er, die Einstellung der Ausbilder, man wolle keinen Gott neben sich dulden, sei nicht zielführend.
 
Kommune in der Verantwortung
Auch in Beziehung zu den Kommunen empfahl er eine Korrektur der Einstellungen. Kommunen seien nicht als Geldgeber anzusehen, sondern als Träger, die Unterhalt zahlen und damit verantwortlich sind, u.a. auch für Erfolge, die man mit ihnen teilen sollte. 

Unter dem Eindruck der zahlreichen Gäste aus allen Bereichen des kulturpolitischen Lebens in Bayern und der Hofer Region stellte von Gutzeit zum Abschluss seiner Festrede fest, dass der VBSM über ein starkes Netzwerk verfüge, das es mit viel Einsatz immer wieder zu schützen, zu stützen und zu bündeln gelte.

Auszeichnung für Unterstützung 
Beispielgebend für ein starkes Netzwerk, basierend auf gegenseitigem Vertrauen wie Wertschätzung standen schließlich zwei Persönlichkeiten auf der Bühne, die der VBSM in Hof mit der Carl-Orff-Medaille auszeichnete. Dr. Manfred Riederle und Gerhard Dix, in ihren Funktionen im Bayerischen Städtetag und im Bayerischen Gemeindetag langjährige Partner des VBSM, erwirkten in ihrer Zusammenarbeit im Schulterschluss wesentliche Neuerungen. Unter anderem brachten sie in den Bayerischen Musikplan, veröffentlicht 2010, als langfristiges Ziel die Anhebung des staatlichen Finanzierungsanteils auf 25 Prozent der Lehrpersonalausgaben an Musikschulen ein und wirkten maßgeblich bei der Verstetigung der Bayerischen Musikschulverordnung und der Zuwendungsrichtlinien als Mittel der Qualitätssicherung mit. Dass 2017 ein Gespräch der kommunalen Spitzenverbände mit dem damaligen Staatsminister Dr. Spaenle zustande kam, war ebenfalls ein Ergebnis ihres Verdienstes, so Martin Bayerstorfer.  

Uni versus Musikschulalltag
Im abschließenden öffentlichen Forum beleuchteten die Podiumsteilnehmer, Birgit Huber vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Prof. Dr. Renate Reitinger von der Hochschule für Musik Nürnberg und Andreas Horber vom Bayerischen Blasmusikverband sowie als Leiter des Referats Laienmusik im Bayerischen Musikrat beispielhafte Kooperationen mit Musikschulen und stellten sich den Fragen der Zuhörer. Kooperationen müssen wachsen, so der allgemeine Konsens, und ich entwickeln, zumal die Erfahrung zeige, dass das Gelingen u.a. von der Persönlichkeit des Einzelnen und der Fähigkeit zum Miteinander bestimmt sei. Größter Handlungsbedarf aus Sicht der beteiligten Musikschulleiter und Musikschullehrkräfte bestehe in der universitären Ausbildung, die nicht am Schulalltag orientiert sei. 
 
 

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